"Zum Gebet!"

Melodie -

Rudolf Becht

Der Hornruf von damals ist längst verweht.
Verweht auch die Blumen der feldgrauen Kappen.
Vermodert sind unsere Füchse und Rappen,
verhallt das Kommando von einst:
                          "Zum Gebet!"

Durchs Tor fuhr polternd Gespann und Gespann
mit blanken Geschützen. Es sprühten die Hufe.
Vom Gehsteig erklangen die segnenden Rufe:
Schirmende Wünsche für Sohn ... Vater ... Mann ...

Im Rücken die Heimat, vor uns die Pflicht
und droben das tosende Kriegsfirmament —
so zog Jahr um Jahr Batterie, Regiment
durch Schlachten zum Ruhm, durchs Dunkel zum Licht.

Der hellrote Aufschlag verblich am San.
Das Feldgrau entfärbte russischer Regen.
Im Schnee der Beskiden, auf Alpenstegen
beschützte nicht jeden sein Talisman.

Die ersten fielen und machten Quartier
für jene, die folgten unter die Hügel.
Herrenlos klirrten vom Sattel die Bügel
und wiehernd klagte das treue Tier.

Granaten zerrissen Geschütz und Protzen,
den Heldentod starb Offizier, Kanonier —
doch jüngere schlossen das schüttre Spalier,
den Alten würdig in opferndem Trotzen.

Die Jahre gingen. Von Sieg zu Sieg
schritten auf allen Fronten die Heere —
und doch kam der Tag lähmender Leere:
Es kam ein Frieden, härter als Krieg.

Wir kehrten heim, die Seele zerschunden,
verzweifelt an allem, woran wir geglaubt —
und fanden die Heimat verstümmelt, beraubt,
alles bedeckt mit schwärenden Wunden.

Das Leben lebt dennoch, von Hoffnung gestrafft,
zäh schleppt es sich weiter durch Dorn und Gestein —
die Pflugscharen ziehen durch Heldengebein
und mehren das Brot: die hoffende Kraft.

Es gibt kein Opfer, das sinnlos wäre.
In jedem Tod liegt geheimer Sinn.
Was heut Verlust, wird morgen Gewinn,
und plötzlich füllt sich schmerzlichste Leere.

Aus Schmerz wir Stolz, aus Klage heißer Dank,
und Dank wird Erz und dieses Erz bejaht
den ewgen Bund mit jenem Kamerad,
der einst im Kampf aus unsren Reihen sank.

Und heute, da das Denkmal vor uns steht,
hebt an ein Wogen hinterm Postament —
und lautlos schwebt heran ein Regiment
in Reih und Glied mit altem Kriegsgerät.

Geschütze, Protzen und das Sechsgespann —
die Füchse, Rappen, schemenhaft und fahl —
die Kameraden mit dem blutgen Mal —
und keiner fehlt, kein Offizier, kein Mann ...

Stumm tönt das Horn, die Pferdemähne weht —
und während still das Geisterregiment
sein Heim bezieht: das erzne Monument,
ertönt der Ruf:
                  "Kniet nieder zum Gebet!"
 

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