Die arme Else

Melodie -

Theodor Fontane 1819-1898

Die Mutter spricht: "Lieb Else mein,
du mußt nicht lange wählen;
man lebt sich ineinander ein,
auch ohne Liebesquälen;
manch eine nahm schon ihren Mann,
daß sie nicht sitzenbliebe,
und dünkte sich im Himmel dann,
und -- alles ohne Liebe."

Jung-Else hört's und schloß das Band,
das ew'ge, am Altare,
es nahm zur Nacht des Gatten Hand
den Kranz aus ihrem Haare;
ihr war zu Sinn, als ob der Tod
zur Opferbank sie triebe,
sie gab ihr alles, noch Gebot,
und -- alles ohne Liebe.
  Der Mann ist schlecht, er liebt das Spiel
und guten Trank nicht minder,
sein Weib zu Hause weint zu viel,
und ewig schrei'n die Kinder;
spät kommt er heim, er tost, er schlägt,
nachgiebig jedem Triebe,
sie trägt's wie nur die Liebe trägt,
und -- alles ohne Liebe.

Sie wünscht sich oft, es wär' vorbei,
wenn nicht die Kinder wären,
so aber sucht sie immer neu,
den Gatten zu bekehren;
sie schmeichelt ihm, und ob er dann
auch kalt beiseit' sie schiebe,
sie nennt ihn "ihren liebsten Mann",
und -- alles ohne Liebe.

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