Sankt Marien

Melodie - Ein Gedicht aus Danzig

Martin Damß

Es steht eine Kirche im Osten am Weichselstrom.
Wie eine Gottesburg wächst der rote ragende Dom
aus dem steinernen Zwang der schmalen Gassen empor;
Gottes Unendlichkeit steingewordenes Tor.
Um die dunklen Quadern in grauer Tiefe knien
die alten Häuser wie Beter um Sankt Marien,
über die Giebel zum Himmel erhoben steht
Sankt Mariens ewig gefalteter Dächer stummes Gebet.
Allen Glauben und alle Hoffnung der alten Stadt,
die der Dom seit sechshundert Jahren gesammelt hat,
weht mit der Glocken brausendem Schwung
über Wald und Höhe und Werder und Niederung,
über Stadt und Strom bis an das steigende Meer,
Stimme der Heimat und Stimme der Wiederkehr,
grüßend die Schwester, die Burg, am Nogatfluß,
wehrhaft wie diese Kirche und ihr metallener Gruß.
Kirche und Burg des Ostens im fruchtbaren Weichselland
erwuchsen aus gleichem Geist und Namen und sind verwandt.
Beide hüten sie ihrer Grenzen blutenden Saum,
Bollwerk Gottes und Bollwerk für Volk und Raum.

Mit den nordwärts gerichteten Wetterfahnen im Wind
steht Sankt Marien. Wie lange Laternen sind
die grünen und roten Fenster im Abendschein,
Lichter des Schiffes, das langsam fuhr in Mündung und Hafen ein,
himmlische Kogge, die leise vor Anker ging,
gefüllt mit Schätzen, mit silbernem Leuchterring,
mit alten Gewändern aus Seide und schwerem Samt
und edlem Gerät, das aus fernen Palästen stammt,
mit dem Jüngsten Gericht, das die Dorothenkapelle bewahrt,
erbeutet auf blutiger Kriegs- und Kaperfahrt.
So steht sie da, die Kirche, die selber spricht
von Kindheit und Jugend und Alter und Jüngstem Gericht.

Die Glocken rufen. Sie halten in Kampf und Schlacht
in dem steinernen Turm von Sankt Marien ewige Wacht.
Sie warten auf ihre Stunde, zu der Gott selber die läuten wird und
den Tag der Erlösung verkündet mit ehernem Mund.

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