Ich kumm aus frembden landen her

Melodie -

Aus Ludwig Uhlands „Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder,“ 1844

1. Ich kumm aus frembden landen her
und bring euch vil der newen mär,
der newen mär bring ich so vil,
mer dann ich euch hie sagen wil;
die frembden land die seind so weit,
darinn wechst uns guot summerzeit,
darinn wachsen bluemlein rot und weiß,
die brechend junkfrawen mit ganzem fleiß
und machen darauß einen kranz
und tragen in an den abentdanz
und lond die gsellen darumb singen
biß einer das krenzlin tuot gewinnen.

2. Mit lust trit ich an disen ring,
gott grueß mir alle burgerskind,
gott grueß mirs alle gleiche,
die armen als die reichen,
gott grueß mirs allgemeine,
die großen und die kleinen!
solt ich ein grueßen, die ander nit,
so sprächens, ich wär kein singer nit.
ist kein singer umb disen kreiß,
der mich wol hört und ich nit weiß?
derselb tuo sich nit lang besinnen
und tuo bald zuo mir einher springen!

3. Singer, so merk mich eben!
ich will dir ein frag aufgeben:
was ist höher weder gott,
und was ist größer dann der spott,
und was ist weißer dann der schne,
und was ist gruener dann der kle?
kanst mir das singen oder sagen,
das krenzlein soltu gewunnen haben,
darumb will ich iez stille ston
und den singer zuo mir einher lon.

Ein anderer Singer:
4. Mit lust trit ich an dise stat,
gott grueß mir ein erbern weißen rat,
ein erbern rat nicht alleine,
darzuo ein ganze gemeine!
ein erbern rat hab ich wol zuo grueßen macht,
gott grueß mir ein ganze nachburschaft,
gott grueß mir das junkfrewlin zart
und die das krenzlin gemachet hat!
junkfraw, ich kumm für euch getreten
und hab euch vor nie kein mal gebeten
und bitt euch zart junkfrewelein
zuom ersten mal umb ewer krenzelein,
ir wöllen mirs geben und nit versagen,
so will ichs von ewertwegen tragen,
von ewertwegen nicht allein,
von allen den junkfrewlin gemein
die das krenzlin hand machen lon,
die rat und tat darzuo hand ton.

5. "Singer, du hast mir ein frag aufgeben,
die gsellt mir wol und ist mir eben:
die kron ist höher weder gott,
die schand ist größer dann der spott,
der tag ist weißer dann der schne,
das merzenlaub ist gruener dann der kle.
singer, die frag hab ich dir tuon sagen,
das krenzlein soltu verloren haben"
  6. Junkfraw, so merkt mich eben!
ich will euch ein frag aufgeben,
wann ir mirs singen oder sagen,
ewer krenzlein solt ir lenger tragen.
junkfraw, sagt mir zuo diser frist,
welches die mittel bluom im krenzlin ist?
der bluemlein eben vil seind
die umbher in dem krenzlein stend.

7. Ich hör ein großes schweigen,
das krenzlein will mir bleiben.
so merkt mich, liebe junkfraw mein:
ir mögend wol die mittelst bluom im krenzlein sein!
darumb so kumm ich für euch getreten,
und hab euch vor zweimal gebeten,
so bitt ich euch, zart junkfrewelein,
zum dritten mal umb ewer krenzelein.
junkfraw, hebt auf ewer schneweiße hand
und gend dem krenzlin einen schwank
und setzen mirs auf mein gelbes har!
das sicht gleich wie ein igel zwar.

8. So schaw, guot gsell, so schawe!
das gab mir ein schöne junkfrawe,
die junkfraw die mir das gab,
si sprach: "guot gsell, behalt dir das!"
junkfraw, habt ihr kein glifelin,
daß ir mir aufheften mein krenzelin?
daß ich es nit verliere
wo ich hin gieng spatziere,
und daß ichs nit verzette
biß daß ich käm zuo meinem bette,
darnach leg ichs in die truchen,
darinn leit es die ganze Wuchen.

9. Junkfraw, ich solt euch grueßen
von der scheitel biß auf die fueße,
so grueß ich euch so oft und dick
als menger stern am himmel blick,
als menge bluom gewachsen mag
von ostern bis an S. Michels tag.
junkfraw, ich solt euch danken
mit Schwaben und mit Franken,
so ich die Franken nit mag haben,
so dank ich euch mit allen . . knaben,
sind euch dieselben unbekant,
so dank ich euch mit meiner eignen hand.

10. Junkfraw, ich solt euch schenken,
ich will mich nit lang bedenken:
so schenk ich euch ein guldin wagen,
darinn solt ir gen himmel faren,
und ein guldne kron, drei edel stein,
darinn ist schon der erste stein,
der ist nun also guote:
gott bhuet euch vor der helle gluote!
der ander ist so tugentreich:
gott der geb euch sein himmelreich!
der dritt stein ist so tugenthaft:
gott bhuet euch ewer junkfrawschaft!
darmit so will ichs bleiben lon
und iez auß disem reien gon,
so stand ich auf einem gilgenblat,
gott geb euch allen ein guote nacht!


Uhlands Quelle:
Fl. Bl. mit dem Zeichen: T. B. S. (Thiebolt Berger, Straßburg, um 1570.) --- P. v. d. Aelst S. 56 ff
.

| Deutsche Volkslieder | Ahnenforschung | Ferienaufenthalt | Folksongs | Hymns | Genealogy | Pacific Holiday | HOME PAGE | Suche | Email |