Die Liebenden auf dem Friedhof

Melodie -

Max Brod

Ruhe suchend, wo Ruhe ist,
sieht man uns zwischen Gräbern wallen,
manch vergoldetem Jesuchrist
Liebesseufzer entgegenhallen.
Fromme Bank, von Gebüsch umweht, -
laß mit zusammengefügten Händen
hier uns rasten, an manches Beet,
manchen Hügel die Rede wenden:
"Ruhmlos all ihr Unterlegenen,
Niedergerungenen, Hoffnungsleeren,
wollet unsere Liebe segnen,
die wir noch leben und uns wehren!
  Ist in einem dorrenden Nerve,
hingestreckt auf das Totenkissen,
irgend noch Kraft, ein Restchen Schärfe, -
- o ihr, die ihr nun alles missen,
alles meiden und alles dulden
könnt und gut ausruhenden Mutes -
brennt in den leeren Augenmulden
ungelöscht noch ein Tropfen Blutes,
wie vergessen vom Todesengel,
zittert ein Muskel hohlen Gestalten,
müßt ihr für unverziehene Mängel
einen Krampf noch und Spannung halten:

Gebt uns, gebt dies Trümmerchen Leben,
hauchet aus ermatteten Kiefern!
Laßt ihr es willig grasauf schweben,
wird es der Duft uns überliefern.
Denn wir, seht, erliegen dem Leiden,
tragen die Seelen vierfach gekettet;
Hilfe ihr Toten, Hilfe uns beiden,
da keine irdische Hand mehr rettet." -
So das Gebet. - Doch kein Versöhner
stieg uns aus Wind und Marmorfunkeln.
Weißer nur strahlte, quälend schöner
deine Schulter im Fliederdunkeln.

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