1. Seht den Hauptmann stolz dort schreiten Durch die Straßen Köpenicks! Winken tut er schon von weitem einem Wachtkommando fix. Zieht mit ihm vors Rathaus hin, nach der Kasse steht sein Sinn. 2. Stellt vor jeden Rathaustüre Einen Mann als Posten auf. Mit dem Rest der Grenadiere Steigt zum Stadthaupt er hinauf. Dieser gerade wohlgemut Sich zum Frühstück rüsten tut. 3. In des Amtes stille Stätten Dringt der Hauptmann unverzagt Hin mit blanken Bajonetten, Niemand nur zu mucksen wagt! Da erbleicht der Langerhans, Seine Macht vergißt er ganz. 4. "Bitte" stottert er beklommen, Doch der Hauptmann stört ihn barsch, Laßt ihn nicht zu Worte kommen: "Fort mit ihm, zur Wache, marsch !" Die Frau Bürgermeisterin Zieht mit ihm zur Wache hin. |
5.Danach sucht der Herre Hauptmann Auch den Stadtkassierer heim, Zieht in großer Seelenruh' dann Alle Städtchengelder ein; 's waren rund viertausend Mark, Das ist doch gewiß kein Quark ! 6. Gleichfalls nach Berlin zur Wache Mußte dann der Herr Rendant, Dorten Langerhans, der schwache, Mit der Gattin jammernd stand. Doch von all den Taten dort Weiß man in Berlin kein Wort. 7. Später hat ohn' viele Freude Und mit Staunen man entdeckt, Daß im stolzen Hauptmannskleide Nur ein Schuster hat gesteckt. Der schon an die zwanzich Jahr Früher Gast im Zuchthaus war. 8. Zwar hat man den Schusterhauptmann Bald gefangen eingebracht, Doch so leicht noch nicht vergißt man Daß so herzlich nie gelacht Hat die ganze weite Welt Als über diesen Schusterheld. |
In der Berliner Zeitung erschien am 17. Oktober 1906 folgende Meldung: "Ein als Hauptmann verkleideter Mensch führte gestern eine von Tegel kommende Abteilung Soldaten nach dem Köpenicker Rathaus, ließ den Bürgermeister verhaften, beraubte die Gemeindekasse und fuhr in einer Droschke davon." Die Tat des Schusters Wilhelm Voigt wurde in ganz Deutschland belacht; selbst der Kaiser soll in unfreiwilliger Ironie geäußert haben: "Da kann man sehen, was Disziplin heißt. Kein Volk der Erde macht uns das nach." Eigentlich hatte Voigt, vorbestraft und auf Arbeitssuche, nur nach einem Paß gesucht, den ihm die Behörden wegen Nichtzuständigkeit verweigert hatten. Ohne Paß aber erhielt er keine Aufenthaltsgenehmigung, ohne diese keine Arbeit. Die Bänkelsänger nahmen diesen Stoff gerne auf. Populär wurde der Stoff jedoch hauptsächlich durch das Schauspiel von Carl Zuckermayer das 1931 in Berlin seine Premiere hatte. Zuckermayer gestaltete das Stück in der Art eines Moritatenbilderbogens, der in 21 Szenenbildern Vertreter aller Stände der Kaiserzeit auftreten läßt. |
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