Stand ich auf hohen Berge

Melodie - Aus dem Elsaß, 16 Jahrhrt

Von Goethe 1771 im Eisaß aufgezeichnet

1. Stand ich auf hohen Berge,
sah in den tiefen Rhein.
Ein Schifflein sah ich schweben,
schweben, drei Grafen saßen drein.

2. Der jüngste von den Grafen
hub auf sein römisch' Glas,
tät mir damit zutrinken:
"Feinslieb, ich beit dir das!"

3. "Was tust du mir zuwinken,
was bietst du mir den Wein?
Ich muß in's Kloster gehen,
muß Gottes Dien'rin sein."

4. Es stund wohl an die halbe Nacht,
dem Grafen träumts gar schwer,
als ob seine Herzallerliebste
ins Kloster gangen wär.
  5. "Steh auf, steh auf, mein Knappe,
zäum mir und dir ein Pferd!
Wir wollen reiten Berg und Tal!
Der Weg ist Reiten wert."

6. Und als er vor das Kloster kam,
gar leise klopft er an:
"Wo ist die jüngste Nonne,
die letzt ist kommen an?"

7. "Es ist hier keine kommen,
es kommt auch keine heraus."
"So will ich hier anzünden
das schöne Nonnenhaus!"

8. Sie kam herausgeschritten,
schneeweiß war sie gekleidt,
ihr Haar war abgeschnitten,
zur Nonn war sie bereit.

9. Was hat sie in den Händen?
Von Gold ein Becherlein.
Er hat kaum ausgetrunken,
springt ihm sein Herz entzwei.


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