Klaus Störtebecker

Melodie - P. Fabricius Liederbuch (um 1603) / Franck, Fase. quodlib. 1611

Stortebeker vnd Gode Michel,
de roveden beide tho gliken deel
tho water vnd ok tho lande,
so lang, dat idt gott van hemmel verdroth,
do mosten se liden grote schande.

1. Störtzenbecher und Gödeke Michael,
Die raubten beide zu gleichem Theil
Zu Wasser und auch zu Lande,
Bis daß es Gott im Himmel verdroß,
Deß mußten sie leiden große Schande.

2. Sie zogen für den heidnischen Soldan,
Die Heiden wollten eine Wirschaft han,
Sein Tochter wollt er berathen,
Sie rissen und krischen wie zween wilde Bärn,
Hamburger Bier trunken sie gerne.

3. Störtzenbecher sprach sich allzuhand:
" Die Wester=See ist mir wohl bekannt
Das will ich uns wol holen;
Die reichen Kaufleut von Hamburg
Sollen uns das Gelag bezahlen."

4. Sie liefen ostwärts neben das Leik:
"Hamburg, Hamburg nun thu deinen Fleiß,
An uns kannst du nichts gewinnen:
Was wir bei dir auch wöllen thun
Das wöllen wir jetzt beginnen."

5. Und das erhört ein schneller Bot',
Der was von einem klugen Rath,
Kam gen Hamburg eingelaufen;
Er fragt nach des ältest Bürgermeisters Haus,
Den Rath fand er zu Haufen.

6. "Mein" lieben Herren all durch Gott,
Nehmt diese Red' auf ohne Spott,
Die ich euch will verkünden:
Die Feind liegen euch gar nahe hierbei,
Sie liegen am wilden Hafen.

7. Die Feind' liegen euch für der Thür,
Des habt ihr Herren zweier Kür,
Sie liegen da an dem Sande;
Laßt ihr sie wieder von hinnen ziehn,
Deß habt ihr Hamburger Schande.

8. Der älteste Bürgermeister sprach zuhand;
"Gut Gesell, du bist uns unbekannt,
Wobei soll'n wir dir glauben?"
"Das sollt ihr edlen Herren thun
Bei meinem Eid und Treuen.

9. Ihr sollt mich setzen aufs Kasteel,
So lang bis ihr eure Feinde seht,
Wol zu diesen Stunden;
Spürt ihr denn einig Wanken an mir,
So senkt mich gar zu diesem Grunde."

10. Die edlen Herren von Hamburg
Giengen zu Segel wol mit der Fluth
Hin nach dem neuen Werke;
Vor Nebel konnten sie nicht sehen
So dunkel waren die Wolken.

11. Die Sonn brach durch, die Wolken wurden klar,
Sie fuhren fort und kamen dar,
Großen Preis wollten sie erwerben;
Störtzenbecher und Gödeke Michael
Die mußten darum sterben.

12. Sie hätten ein Hülk mit Wein genommen,
Damit waren sie auf die Wiesen kommen
Dem Kaufmann da zu Leide,
Die wollten damit in Flandern reisen
Aber sie mußten davon scheiden.

13. " Hört auf ihr Gesellen, trinket nun nicht mehr,
Dort laufen drei Schiff in jener See,
Uns grauset für der Hamburger Knechte;
Kommen uns die Hamburger ans Bord,
Mit ihnen müssen wir fechten."
  14. Sie brachten die Büchsen wohl an die Bord,
Zu allen Schüssen giengen sie fort,
Da hört hört man die Büchsen klingen,
Da sah man so manchen stolzen Held
Sein Leben zum Ende bringen.

15. Sie schlugen sich drei Tag und Nacht,
Hamburg die war darauf bedacht
Wol zu denselben Stunden,
Das uns ist lang zuvor gesagt,
Das haben wir jetzt befunden.

16. Die bunte Kuh aus Flandern kam,
Wie bald sie das Gerücht vernahm
Mit ihren starken Hörnen;
Sie giengen herbrausend durch die wilde See,
Den Hollick wollte sie verstören.

17. Der Schiffer sprach zum Steu'rmann:
"Treib uns das Ruder zum Sturbord an,
So bleibt der Holck bei dem Windel,
Wir wollen ihm laufen sein Casteel entzwei,
Das soll er wol befinden."

18. Sie liefen ihm sein Vor-Casteel entzwei,
"Traun, sprach sich Gödeke Michael,
Die Zeit ist nun gekommen,
Deß müssen wir fechten um unre beider Leib,
Es mag uns schaden oder frommen."

19. Störtzenbecher sprach sich allzuhand:
"Ihr Herrn von Hamburg thut uns kein Gewalt,
Wir wollen euch das Gut aufgeben,
Wöllet ihr uns stahn vor Leib und gesund,
Und fristen unser junges Leben."

20. "Mein Herr", sprach sich Herr Simon van Utrecht,
"Gebt euch gefangen all auf ein Recht,
Und laßt euch nit verdrießen.
Hätt' ihr dem Kaufmann kein Leid gethan,
Deß werd't ihr wol genießen."

21. Da sie nun auf die Richtstätt kamen
Nit viel Guts sie da vernahmen,
Sie sahen die Köpfe stecken:
"Ihr Herren, das sind unsere Mit-Compan " -
So sprach sich Störtzenbecher.

22. Sie wurden gen Hamburg in die Haft gebracht,
Sie saßen da nicht länger als eine Nacht
Wol zu denselben Stunden
Ihr Tod ward also sehr beklagt
Von Weibern und Jungfrauen.

23, "Ihr Herren von Hamburg, wir bitten nur eine Bitt,
Die mag euch zwar beschaden nit
Und bringen euch auch kein Quade,
Daß wir mögen den Trovenberg hingahn
In unserm besten Gewade."

24. Die Herrn von Hamburg thäten ihn' die Ehr,
Sie ließen ihn' Pfeifen und Trommeln vorgehn,
Sie hätten es erkoren;
Wären sie wieder in der Heidenschaft gewest,
Sie hätten es lieber entboren.

25. Der Scharfrichter hieß sich Rosenfeld,
Er hieb so manchen stolzen Held
Mit also freiem Mute;
Er stand in seinen geschnürten Schuh'n
Bis an die Enkel im Blute.

26. Hamburg, Hamburg, des geb ich dir den Preis,
Die Seeräuber werden es nun weis,
Um deinetwillen müssen sie sterben,
Deß magst du von Gold ein Krone trag'n,
Den Preis hast du erworben.


Am 21. Oktober 1401 wurde Klaus Störtebecker samt 71 Kumpanen auf dem Grasbrook in Hamburg geköpft. Später wurden ihre Köpfe auf Pfähle gespießt und an der Elbe als Abschreckung aufgereiht. Nur ein Jahr später fing man Godeke Michels, der zusammen mit 80 Kumpanen ebenfalls auf dem Grasbrook in Hamburg geköpft wurde.
Störtebecker und Michels gehörten zu der Gruppe von Freibeutern, die im Krieg gegen Dänemark im Auftrag der Deutschen dänische Schiffe kaperten und belagerte Städte mit Nahrung versorgten. Nach Ende des Krieges 1395 wollten jedoch viele Freibeuter ihr einträgliches Gewerbe nicht aufgeben und so machten sie kurzerhand die ganze Welt zu ihrem Feind
.

Mit freundlicher Genehmigung von www.hamburgs-geschichte.de

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